Die Bewohner schauen in aller Ruhe zu, wie dichter Rauch aus ihrer Scheune dringt. Sie sitzen immer noch gelassen auf der Bank im Hof, als 50 junge Feuerwehrleute mit schwerem Gerät anrücken. Als zwei Vermisste gerettet werden, plaudern sie angeregt miteinander. Während die Gasflasche des Wohnwagens vor der Explosion gerettet wird, spielt der jüngste Hofbewohner entspannt mit den Schläuchen, die zur Drehleiter führen.
So viel Gelassenheit in höchster Not kommt nur einmal im Jahr vor. Dass die Lebensretter allesamt minderjährig sind, ebenfalls. Denn bei der Stadtübung der Jugendfeuerwehr ist der Unglücksfall nur ein gut geplantes Szenario. „Es ist für unsere 108 Jugendlichen der Höhepunkt des Jahres“, schildert Volker Rost, Pressesprecher der Kamener Feuerwehr. „Hier können sie anwenden, was sie gelernt haben.“ Dabei kommt es weniger auf Perfektion an als auf den Lerneffekt – und den Spaß an der Sache.
Luka ist immer noch aufgeregt, als die C-Rohre schon wieder eingerollt werden und die Drehleiter langsam herunterfährt. „Das war meine erste richtige Übung – und die war cool“, schildert er atemlos. Er ist gerade einmal zehn Jahre alt und hat sich erst vor kurzem seinen Traum von der Feuerwehr erfüllt. Bis dahin hat er sein Feuerwehrbuch verschlungen und zugeschaut. „Rot, schwarz und blau sind meine Lieblingsfarben“, sagt er. „Außerdem ist Wasser mein Element“. Alles gute Gründe, um zur Feuerwehr zu gehen, obwohl das noch niemand aus der Familie gemacht hat. Dass er die Kameraden anschließend noch ordentlich nass spritzen darf, gefällt ihm besonders gut. Nur am Verteiler für die Rohre, wo er aufpassen sollte, „war es ein bisschen langweilig“, gibt er zu.
Aufgeregt ist auch Timo, dabei ist er schon ein paar Jahre älter und schon länger dabei. Er war gerade zum ersten Mal in seinem Leben auf der vollständig ausgefahrenen Drehleiter und hat mit beständiger Wasserzufuhr dafür gesorgt, dass die Birke nicht vom fiktiven Feuer erfasst wird. „Es war beeindruckend“, meint Timo. „Die Aussicht war phänomenal.“ Er hatte wohl den besten Überblick auf das Geschehen und machte jede Menge Fotos davon.
Manuel ist heute dagegen gelegentlich an seine Grenzen gekommen. Dabei ist der 14-Jährige schon seit vier Jahren bei der Kamener Jugendfeuerwehr. Die leuchtend rote Weste zeigt: Er ist Truppführer auf seinem Löschwagen. Er muss den anderen sagen, was sie tun sollen. „Das ist relativ schwer, weil man viel auf einmal machen, auf alle Leute achten und gut aufpassen muss“, meint er. Das sehen auch Chantal (13) und Colin (11) so. Sie sind über die Schwester und über Freunde zur Feuerwehr gekommen. „Die Übungen machen Spaß“, sagen sie und trocknen das nasse Haar in der Sonne. „Außerdem ist es toll, wenn man Leben retten kann.“
Geklappt hat alles. Die Rohre liegen, wie sie sollen. Die Verteiler funktionieren. Überall strömt Wasser auf das Scheunendach. Die Vermissten sind mit schweren Verbrennungen und Rauchintoxikation gerettet. Nichts ist explodiert. Auch das brennende Stroh konnte gelöscht werden. Sogar Atemschutzgeräte kamen zum Einsatz – auch wenn es nur eigens angeschaffte Übungsgeräte waren. Wer genauer hinschaute sah, dass ausgewachsene Feuerwehrleute am Steuer der Fahrzeuge saßen, die Aggregate und die Drehleiter bedienten. „Das dürfen Jugendliche noch nicht“, schildert Volker Rost. Zufrieden ist nicht nur Feuerwehrchef Rainer Balkenhoff. Auch Hofbesitzer Friedrich Wilhelm-Menken (80) weiß als ehemaliger Feuerwehrmann, dass „Übungen sehr wichtig sind“ – schließlich hat er selbst viele mitgemacht. Deshalb hat er auch nicht gezögert, als er in diesem Jahr angesprochen wurde.
Nach der Übung und vereinter Wasserschlacht versammelten sich alle Teilnehmer am Feuerwehrhaus an der Bunten Kuh, um Erfolge und Fehler zu besprechen und gemeinsam zu grillen.
Übrigens: Eintreten können alle Nachwuchslebensretter mit dem 10. Lebensjahr in die Jugendfeuerwehr. Hier stehen 1. Hilfe, vorbeugender Brandschutz, Brandbekämpfung und technische Hilfe neben Ausflügen, Sport, Sommercamps und viel gemeinsamen Spaß auf dem Programm.
15 Betreuer begleiteten auch in diesem Jahr die Stadtübung. Sie bereiteten das Szenario vor und suchten den Hof Menken aus.
Im Einsatz war übrigens neben ganz normalen Einsatzfahrzeugen auch das ausgemusterte Tanklöschfahrzeug, das seit einigen Jahren nur für die Jugendfeuerwehr zur Verfügung steht.
Jedes neue Mitglied bekommt von der Feuerwehr eine eigene Ausrüstung
Ein Dienstplan verschafft Übersicht über anstehende Termine
(Katja Burgemeister, derwesten.de/kamen)
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